Einschicht- oder Mehrschichtbegrünung?

Einschicht- oder Mehrschichtbegrünung?
23. Dezember 2022
Einschicht- oder Mehrschichtbegrünung?
Aus Kategorie: Dachbegrünung

Abflussverhalten von Flachdach-Begrünungen

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und steigender Flächennutzung steigt der Stellenwert von begrünten Dächern. Besonders in Städten verändert sich das Mikroklima: Starkniederschläge machen der städtischen Kanalisation zu schaffen, die Temperatur steigt und die Feinstaubbelastung nimmt zu. Eine Dachbegrünung wird daher in vielen Großstädten als eine probate Maßnahme zur Minderung der Auswirkungen des Klimawandels gesehen und teilweise sogar finanzielle gefördert

 

Herausforderung Flachdachbegrünung

Vielerorts sind es flach geneigte oder sogar gefällelose Dächer (0°-Grad Dächer), die zur Begrünung anstehen. So bequem die Begrünung der Flachdächer für das ausführende Unternehmen ist - die fehlende Dachneigung sorgt für Probleme bei der kontrollierten Wasserabführung z. B. nach einem Starkregen. Eine Gefahr ist die Staunässe für die Vegetation, deren Wurzeln unter der dauerhaften Überstauung und dem damit einhergehenden Sauerstoffmangel leiden. Die Folgen sind unerwünschte Vegetationsumbildungen und im schlimmsten Fall ein Totalausfall der Pflanzen. Das oberste Ziel bei der Begrünung von Flachdächern ist also der kontrollierte Ablauf des Regenwassers. In der Praxis haben sich dafür zwei Varianten als zielführend herausgestellt: Der mehrschichtige Aufbau mit einer Dränageschicht unter dem Mehrschichtsubstrat oder die Verwendung eines Einschichtsubstrates. Die beiden Substratarten unterscheiden sich in der Wasserdurchlässigkeit und in der Wasserkapazität. Letztere ist beim Einschichtsubstrat geringer, dafür ist die Wasserdurchlässigkeit höher und macht es damit als Multifunktionsschicht bei 0°-Grad-Dächern nutzbar. Die unterschiedlichen dicken Dränageschichten (1-60 mm je nach Verwendungszweck) dagegen sparen Gewicht und sind durch ihre Hohlräume gleichzeitig Wasserspeicher und Dränageelement.

Dränplatten haben die Nase vorn

In verschiedenen Forschungsprojekten* hat man diese beiden Dachbegrünungsaufbauten miteinander verglichen. Die Ergebnisse waren durchweg positiv.  Der Wasserabfluss nach einem ausgiebigen Regenereignis ist bei Drängeplatten schneller als bei Einschichtsubstraten. Rund 96% des Regenwassers war nach 60 Minuten auf Dächern mit Dränageplatten abgeflossen. Bei Einschichtsubstraten waren es nur 66%. Nach 23 Stunden allerdings sind auch hier 98% der Regenwassermenge abgeflossen. Das bedeutet, dass die Vegetation auf Dachbegrünungen mit Dränplatten kürzer der Staunässe ausgesetzt und die Gefahr der Vegetationsumbildung geringer ist. Auf der anderen Seite wünschen sich Städteplaner den verzögerten Wasserabfluss in die Kanalisation nach einem Starkregenereignis. Steht diese Intension im Vordergrund, hat das Einschichtsubstrat die Nase vorn.

Der lange Weg zum Ablauf

Ebenfalls eine Erkenntnis aus den Versuchen: Je länger der Weg zum Ablauf, desto schneller staut sich das Wasser in der Vegetationsfläche auf. Auf den ersten Blick sieht es dann so aus, als ob das Wasser auf der Substratoberfläche steht. Spannend dabei ist, dass der Wasserablauf nicht wie früher vermutet oberflächlich stattfindet und zur Erosion auf Dachflächen führt. Mittlerweile weiß man, dass der überwiegende Abfluss in der Dränschicht bzw. im unteren Substratbereich stattfindet. Das Wasser nutzt also nicht den gesamten, zur Verfügung stehenden Durchflussquerschnitt. Trotzdem haben die Ergebnisse gezeigt, dass der Wasserablauf auch bei scheinbar überstauten Dachbegrünungen stattfindet, allerdings unsichtbar in den tieferen Substratschichten oder in der Dränageebene. Ein Blick in die Tiefe zeigt: Wenn der Wasserspiegel auf der Dachfläche sinkt, dann fließt das Wasser vertikal ab und nicht horizontal auf der Substratoberfläche - daher kommt es auch zu keiner Erosion.

Dachbegrünungen sind schwer

Ein wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit temporär überstauten Dachbegrünungen ist die Flächenlast. Natürlich erhöht sich durch das Wasser kurzzeitig die Last für die Dachkonstruktion. Jedoch muss diese Last aufgrund der Sonderkonstruktion „Flachdach“ eingerechnet werden. Denn bei den zulässigen Bautoleranzen und Durchbiegungen sind schon in der Planung entsprechenden Lasten in der Statik einzuplanen. Denn stehendes Wasser ist eine ständige Last, unabhängig davon, ob sich eine Dachbegrünung auf der Dachfläche befindet oder nicht.
Für Flachdachbegrünungen eigenen sich demnach sowohl Einschichtbauweise als Mehrschichtbauweise. Die Auswahl sollte daher vor dem Hintergrund der gewünschten Vegetationsform und der möglichen Aufbauhöhe gewählt werden. Das re-natur Team unterstützt Sie gerne dabei.


*Quelle: Abflussverhalten von Extensivbegrünungen bei 0°-Dächern (Jahrbuch Bauwerksbegrünung 2015, FBB e.V. Saarbrücken

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